Gemeinschaftsordnung

Das Wohnungseigentumsgesetz regelt das sog. »Gemeinschaftsverhältnis«, also die Rechtsbeziehungen der Sondereigentümer untereinander so dass es ist nicht zwingend notwendig ist, in die Teilungserklärungsurkunde außer der bloßen Bildung der Miteigentumsanteile und Verknüpfung mit Raumeigentum sowie den Aufteilungsplänen weitere Textbestandteile aufzunehmen. Häufig passt jedoch die gesetzlich vorgesehene Lösung nicht auf den jeweiligen Einzelfall. Es ist daher typisch, dass in der Teilungserklärungsurkunde auch Bestimmungen zur sog. »Gemeinschaftsordnung« enthalten sind, welche die gesetzlichen Vorschriften modifizieren oder abändern, soweit sie überhaupt abänderbar (dispositiv) sind. Die wichtigsten Regelungsthemen und möglichen Regelungsinhalte möchte ich Ihnen nachstehend vorstellen:

1.       Zulässige Benutzung

Von besonderer Relevanz für das friedliche Miteinander in einer Eigentümergemeinschaft und zugleich wertbildender Umstand ist die Definition der gestatteten Nutzung der Sondereigentumseinheiten: Dürfen diese nur Wohnzwecken dienen oder ist auch eine Praxis bzw. Kanzlei dort möglich? Schadet ein häusliches Büro mit oder ohne Kundenfrequenz? Besonders relevant wird die Beschreibung bei Teileigentumseinheiten, die ihrer Natur nach nicht zu Wohnzwecken dienen: Kann jede Art von Gewerbe ausgeübt werden? Oder ist gastronomische Nutzung bzw. produzierendes Gewerbe oder lärmintensive handwerkliche Tätigkeit untersagt?

Die Festlegungen in der Gemeinschaftsordnung bewegen sich regelmäßig im Spannungsfeld zwischen der Ausgrenzung störender Tätigkeiten – einerseits – und der Ermöglichung einer flexiblen Umnutzung im Hinblick auf künftige Veränderungen der Marktlage – andererseits.

2.       Lastentragung

Die Instandsetzungs-, Instandhaltungs-, Erhaltungs- und Betriebskosten des Gemeinschaftseigentums werden nach dem Gesetz im Zweifel nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile getragen. Sofern eine zentrale Heiz- und/oder Warmwasserversorgung im Haus installiert ist, schreibt die Heizkostenverordnung eine verbrauchsabhängige Verteilung der Kosten zumindest für 50 % des gesamten Aufwands vor; regelmäßig wird dieser Anteil in der Gemeinschaftsordnung erhöht. Denkbar ist aber auch, den allgemeinen Schlüssel zu ändern und an dessen Stelle bspw. das Verhältnis der beheizten Wohn- bzw. Nutzflächen zu setzen (Damit können flexibel Fälle erfasst werden, in denen sich Wohnungen dadurch vergrößern, dass bspw. Hobbyräume zu Wohnräumen umgebaut oder Dachgeschosse ausgebaut werden.).

3.       Unterabrechnungseinheiten

Im Interesse einer gerechten Verteilung der Lasten und Berechtigungen legen Wohnungseigentümer zunehmend Wert darauf, nicht zur Finanzierung von Aufwendungen beitragen zu müssen, die ihnen fernliegende und von ihnen nicht genutzte Teile des Gemeinschaftseigentums betreffen. So werden z.B. häufig bei Objekten mit mehreren Treppenhäusern die Kosten des Treppenhauses nur auf die jeweils dadurch erschlossenen Wohnungen umgelegt, die Liftkosten nicht auf die Erdgeschosswohnungen (es sei denn, der Lift wird in nennenswertem Umfang auch für den Transport von der Tiefgarage ins Erdgeschoss benutzt) oder die Kosten der Tiefgarage werden nur unter den Stellplatz-Teileigentümern verteilt. Solche Unterabrechnungseinheiten sind allerdings für den WEG-Verwalter mit erhöhtem Abrechnungsaufwand verbunden. In vielen Fällen werden entsprechend der Lastentragung auch »Untereigentümergemeinschaften« gebildet, die Beschlüsse über die ihrer Lastentragung unterliegenden Teile des Gemeinschaftseigentums unter Ausschluss der anderen Sondereigentümer vornehmen (sog. »gemeinschaftliche Sondernutzungsrechte«). Es können also die an einem Treppenhaus anliegenden Eigentümer beschließen, dieses neu zu streichen, während die Anlieger des Nachbartreppenhauses sich diese Kosten lieber sparen und mit den vorhandenen Gebrauchsspuren leben.

4.       Sondernutzungsrechte

Von ganz zentraler Bedeutung ist die Festlegung von Nutzungsregelungen bzgl. des Gemeinschaftseigentums gem. § 15 WEG. So können bspw. Gartenflächen, Stellplatzflächen, das Gemeinschaftseigentum im Bereich der Balkone oder andere Bereiche des Gemeinschaftseigentums (Dachbodenabteile etc.) einzelnen Sondereigentumseinheiten zur ausschließlichen Nutzung (und dann regelmäßig auch Lastentragung) zugewiesen werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von sog. »Sondernutzungsrechten«. Diese werden durch Bezugnahme auf die Teilungserklärung im Grundbuch zum Bestandteil des Grundbuchinhalts mit der Folge, dass bei einer Veräußerung der Eigentumswohnung die Sondernutzungsrechte automatisch mit übertragen werden. Sondernutzungsrechte können nur innerhalb der Eigentümergemeinschaft isoliert weiterübertragen werden, aber nicht an außenstehende Dritte. Sie sind oft von ganz erheblichem wirtschaftlichem Gewicht. (Man denke nur an Terrassen- oder Gartenflächen oder an Sondernutzungsrechte an Teilen der Fassade zur Anbringung von Reklame etc.) Sondernutzungsrechte können auch mehreren Sondereigentumseinheiten gemeinsam (unter Ausschluss der übrigen Sondereigentumseinheiten) zugewiesen sein (z.B. hinsichtlich eines Treppenhauses für die dadurch erschlossenen Wohnungen, hinsichtlich der Tiefgarage für die Eigentümer dort gelegener Stellplätze etc.). Diese bilden dann zur Lastentragung, Verwaltung und Beschlussfassung ihrer gemeinschaftlichen Sondernutzungsrechtsflächen die oben unter Gliederungspunkt III. 3. genannten »Untergemeinschaften«.

Einmal zugewiesene Sondernutzungsrechte können nicht durch Beschluss der Eigentümerversammlung wieder entzogen werden. Bei einer isolierten Übertragung des Sondernutzungsrechts an einen anderen Sondereigentümer müssen (wegen der damit möglicherweise verbundenen Wertminderung) die am verlierenden Sondereigentum eingetragenen Gläubiger (z.B. Banken) zustimmen.

Das Instrument der Sondernutzungsrechte ist von entscheidender Bedeutung bei der oben unter Gliederungspunkt I bereits erwähnten Fallgruppe der »unechten Realteilung« unter Anwendung des WEG: Um bei Reihenhäusern ein der tatsächlichen Vermessung und Parzellierung möglichst wirtschaftlich und rechtlich gleichkommendes Ergebnis zu erzielen, müssen an den Gartenflächen und am gesamten Gemeinschaftseigentum im Bereich des einzelnen Reihenhauses (Fassade, Dach, Außenfenster etc.) Sondernutzungsrechte für dieses jeweilige Sondereigentum gebildet werden. Damit wird erreicht, dass die Gemeinschaft im eigentlichen Sinne tatsächlich nur noch für solche Bereiche zuständig ist, die auch wirklich der gemeinschaftlichen Nutzung unterliegen, also bspw. die Zufahrtswege, die Mülltonnenstandplätze etc.

Besonderheiten entstehen, wenn im Zuge der Errichtung neuer Anlagen noch nicht feststeht, welche Sondernutzungsflächen gebildet und welcher Einheit diese zugewiesen werden (z.B. die Zahl der Außenstellplätze von der Nachfrage der Käufer abhängt und jeder Käufer sich einen oder mehrere ihm geeignet erscheinende Stellplätze aussuchen können soll). Um zu vermeiden, dass bei späterer Zuweisung eines Sondernutzungsrechts alle anderen Sondereigentümer mitwirken und zustimmen müssen (da ja deren Anteil am Gemeinschaftseigentum dadurch wirtschaftlich geschmälert wird), kann der teilende Eigentümer bereits bei der Begründung an von ihm ausgewiesenen Vorbehaltsflächen alle anderen Sondereigentümer von der Nutzung ausschließen (negative Komponente des Sondernutzungsrechts), sich aber die positive Zuweisung noch vorbehalten. In diesem Fall ist für den Vollzug dieser positiven Zuordnungen (die regelmäßig im Rahmen der Erst-Kaufverträge stattfinden) weder die Zustimmung der bisherigen anderen Käufer noch deren Finanzierungsgläubiger erforderlich, da die anderen Einheiten und die daran eingetragenen Kreditinstitute ja von vornherein von der Mitbenutzung der Vorbehaltsfläche ausgeschlossen waren.

5.       Eigentümerversammlung

§§ 23 ff. WEG regeln Ablauf und Formalitäten der jährlich mindestens einmal durchzuführenden Wohnungseigentümerversammlung. Hinsichtlich der Stimmkraft der Eigentümer sieht § 25 Abs. 2 WEG vor, dass jeder Wohnungseigentümer eine Stimme habe (unabhängig also von der Größe seiner Einheit und der Zahl der Einheiten, die er im Objekt hat). Dies ist wenig praktikabel, sodass in aller Regel derselben Schlüssel, wie er für die Lastentragung maßgeblich war (Miteigentumsanteil oder Wohnflächen etc.), vereinbart wird. Bei etwa gleich großen Einheiten bietet es sich an, zur Erleichterung der Mehrheitsermittlung eine Stimme pro Sondereigentumseinheit vorzusehen. Darüber hinaus finden sich in Gemeinschaftsordnungen häufig Regelungen über eine etwaige Mindestanwesenheitsquote (Quorum) als Voraussetzung für die Beschlussfähigkeit, Regelungen zur Entsendung von Vertretern in die Eigentümerversammlung, zu etwa vom Gesetz abweichenden Mehrheitserfordernissen oder zu Vetorechten einzelner Eigentümer in bestimmten Fragen.

6.       Veräußerung eines Sondereigentums

Gem. § 12 WEG kann vereinbart werden, dass zur Veräußerung eines Sondereigentums die Zustimmung der anderen Sondereigentümer oder des WEG-Verwalters erforderlich ist. Diese muss dann (da sie Bedingung ist für die Wirksamkeit des Weiterveräußerungsvertrags) zum Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt in notariell beglaubigter Form erteilt werden. Es entstehen also zusätzliche Notarkosten und häufig auch Bearbeitungsgebühren des WEG-Verwalters. Ferner muss die Verwaltereigenschaft bei Wechsel des Verwalters regelmäßig durch ein Protokoll samt Beglaubigung der Unterschriften des Versammlungsvorsitzenden, eines Wohnungseigentümers und ggf. des Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats nachgewiesen werden. Die Zustimmung kann aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschrift ohnehin nur aus wichtigem Grund verweigert werden (v.a. wenn ersichtlich ist, dass ein Käufer die Pflichten aus der Gemeinschaftsordnung nicht wird erfüllen können etc.). Ein Zustimmungsvorbehalt wird sich allenfalls empfehlen bei sehr kleinen Einheiten, in denen frühzeitige gegenseitige Information über Veräußerungen erwünscht ist, oder aber bei Anlagen mit besondere Zweckbindung, bei denen der WEG-Verwalter prüfen soll, ob der Erwerber diesen Anforderungen genügt und die entsprechenden Rahmenverträge übernommen hat (Beispiel: Ärztehaus mit überwiegend operativer Nutzung zur Auslastung eines zentralen OP-Trakts im Gemeinschaftseigentum). Das Erfordernis der Zustimmung zur Veräußerung des einzelnen Sondereigentums kann gem. § 12 Abs. 3 WEG durch Mehrheitsbeschluss abgeschafft werden; dann sollte auch das Grundbuch zur Vermeidung eines falschen Eindrucks berichtigt werden.

7.       Verwaltung

Die vielfachen Aufgaben im Zusammenhang mit dem Gemeinschaftseigentum (Aufstellung des Wirtschaftsplans, Verwaltung gemeinschaftlicher Gelder und Rücklagen, ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums, Reinigung und Versicherung, Durchsetzung von Ansprüchen der Eigentümergemeinschaft bzgl. des Gemeinschaftseigentums etc.) erfordern regelmäßig einen WEG-Verwalter. Natürlich können die Eigentümer diese Verwaltung auch in ihre eigene Hand nehmen und bspw. turnusmäßig jedes Jahr wechseln; sofern es jedoch zu Missständen kommt, muss notfalls ein professioneller Verwalter durch den Richter bestellt werden (§ 26 Abs. 3 WEG).

Der Verwalter ist insbesondere berechtigt, mit Wirkung für und gegen die Wohnungseigentümer für das Gemeinschaftseigentum Aufträge zu erteilen sowie Lasten- und Kostenbeiträge entgegenzunehmen, also das regelmäßig monatlich erhobene Hausgeld einzuziehen. Hierbei handelt es sich um eine Vorauszahlung auf die voraussichtlich das jeweilige Sondereigentum betreffenden anteiligen Gemeinschaftslasten aus dem Wirtschaftsplan, über die nach Feststellung des Abschlusses abzurechnen ist. Bei großen Sondereigentumsgemeinschaften wird es sich empfehlen, zur Unterstützung und zugleich Kontrolle des Verwalters einen Verwaltungsbeirat gem. § 29 WEG zu wählen.

WEG-Verwalter kann nur eine natürliche oder juristische Person (also bspw. keine Personenmehrheit in Gesellschaft des bürgerlichen Rechts) sein. Die ihm im Einzelnen obliegenden Rechte und Pflichten regelt üblicherweise ein Verwaltervertrag, der zugleich seine Vollmacht im Außenverhältnis enthält und umgrenzt. Darin ist auch die Verwaltergebühr (die regelmäßig monatlich erhoben wird und typischerweise für jede Einheit gleich hoch ist) geregelt. Über die Bestellung und Abberufung des Verwalters beschließen die Wohnungseigentümer mit einfacher Stimmenmehrheit; die Bestellung darf auf jeweils höchstens fünf Jahre (für den ersten Verwalter auf maximal drei Jahre) vorgenommen werden. Die vorzeitige Abberufung eines Verwalters kann auf das Vorliegen wichtiger Gründe beschränkt werden. Die Verlängerung des Verwaltungsmandats kann frühestens ein Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit beschlossen werden.

Der Verwalter ist nunmehr auch verpflichtet, eine sog. Beschluss-Sammlung anzulegen, die einzusehen sich für jeden Kaufinteressenten (aufgrund entsprechender Erlaubnis des Verkäufers) lohnt.

8.       Weitere Regelungen

Je nach der konkreten Gestaltungsaufgabe enthalten notariell beurkundete Gemeinschaftsordnungen oft weitere, den Beteiligten am Herzen liegende Festlegungen. So können z.B. die erforderlichen Versicherungen für das Gemeinschafts- und Sondereigentum bestimmt werden, eine Hausordnung aufgestellt werden, Regelungen zur Instandhaltungsrücklage (deren Bildung sonst im Rahmen der geschuldeten ordnungsgemäßen Verwaltung gem. § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG im Rahmen des jeweiligen Wirtschaftsplans beschlossen wird), Sonderbestimmungen zur Entziehung des Wohnungseigentums getroffen werden etc.